Frühling im November

 

„Madleen, ich habe mit Neidhardt geschlafen!“, offenbarte sich Elena ihrer Geliebten nachdem sie lange auf eine passende Gelegenheit gewartet hatte.

„Wie bitte? Was hast du? Komm, du willst mich verkohlen! Mit Neidhardt geschlafen, ich bitte dich Elena, du hast schon bedeutend bessere Scherze gerissen.“ Wehrte die Gefährtin ab, die der Aussage keinen Glauben schenken mochte.

„Nichts liegt mir ferner als blöde Witze über solche Dinge zu machen. Glaub mir! Es ist geschehen, ich kann es selber noch nicht fassen. Erst als ich wieder zu Hause war wurde ich mir des ernstes der Sache bewusst.“

Madleens Züge verhärten sich leicht. Ihr Bewusstsein begann zu registrieren, dass Elena die Wahrheit sprach. 

„Also, da bin ich platt. Du meinst das im ernst? Ich… ich weiß überhaupt nicht was ich sagen soll.“

„Bist du mir böse? Es ist einfach geschehen. Alles passierte so unvorhersehbar. Auch ich bin noch immer sprachlos. Die Zeit wird mir irgendwann eine Antwort geben. Alles was mich in diesem Moment bewegt ist, ob du damit umgehen kannst:“

„Unsinn Elena warum sollte ich dir böse sein“, wunderte sich Madleen und bewegte sich unruhig auf dem Sessel hin und her. „Wir haben eine Vereinbarung, was diese Dinge betrifft.

 Ich bin es gewohnt dass du immer mal wieder mit anderen schläfst. Begeisterung kann ich dafür nicht aufbringen, aber ich kenne deine Beweggründe und akzeptiere die. Ich bin geschockt weil…

Elena ich bitte dich! Warum muss es ausgerechnet Neidhard sein? Das ist überhaupt nicht nachvollziehbar . Ich verstehe im Übrigen  nicht wie du zu ihm durchgedrungen bist. Gut, du warst 3 Tage auf Achse. In dieser Zeit bist du bei ihm gewesen! Jetzt geht mir ein Licht auf.

Aus diesem Grund hast du den ganzen Tag so herumgedruckst. Du bist einfach in den Regierungspalast eingedrungen und hast es dort mit ihm getrieben. Also wirklich. Da bin ich platt.“

Elena erhob sich von ihrem Sitz und lief unruhig wie ein Eisbär im Zimmer auf und ab.

„Nicht im Regierungspalast! Ich habe ihn in seinem Gartenhaus aufgesucht. Ich konnte in Erfahrung bringen, dass er sich dort vorübergehend aufhält. Ich wollte ungestört mit ihm reden. Das ist mir in der Tat gelungen. Das es  soweit kommt, damit konnte ich nicht rechnen.“

„Ich glaube es nicht! In seinem Gartenhaus? Wie bist du dorthin gekommen? Es heißt es sei eine Art Tabuzone und er würde niemanden dort empfangen, dich doch wohl am Allerwenigsten. Wie um alles in der Welt hast du diesen Sinneswandel bei ihm ausgelöst?“

„Es gab bis dato keinen,  dementsprechend musste ich mir anderweitig Zutritt verschaffen. Es blieb mir kein anderer Weg als mich durch die Sperranlagen zu kämpfen. Ich sage dir ein Aufwand und eine Schinderei war das. Aber er hat mir versprochen diese so bald als möglich zu demontieren.“

Madleen wurde kreidebleich. Ein Ausdruck des Entsetzens breitete sich über ihrem Gesicht aus.

„Du bist was??? Durch die Sperranlagen? Ja spinnst du jetzt total? Wie…wie in aller Welt bist du auf so einen Idee gekommen? Bist du dir im Klaren darüber In welche Gefahr du dich gebracht hast. Und ich sitze hier in aller Seelenruhe und denke mir nichts. Ich wäre vor Angst gestorben wenn ich um diesen Plan gewusst hätte….“

„Genau das ist der Grund warum du nicht in mein Vorhaben eingeweiht wurdest. Ich wollte nicht, dass du dich beunruhigst.“

„Ach nein! Und wenn dir etwas zugestoßen wäre? Was dann? Hmm? Denke nur mal zurück an die Zeit deiner Gefangenschaft, nach der Entführung. Damals wurdest du auch Opfer deines Leichtsinnes und deiner Vertrauensseligkeit. Aber offensichtlich hat dir das noch nicht gereicht. Du suchst geradezu die Gefahr.  Immer noch einen draufsetzen. Durch die Sperranlagen gelaufen.  Ich glaub ich spinne. Du wolltest dich mal wieder selbst beweisen.“

„Ich weiß es nicht Madleen!

Ich hatte nur Vertrauen in die geheimen Kräfte in mir. Sie gaben den Halt und die Zuversicht, derer ich bedurfte um meine Absicht in die Tat umzusetzen. Es schien, als habe jemand seine Hände schützend über mir ausgebreitet.“

„Selbstverständlich! So einfach ist das! Elena würdest du dich bitte setzen. Dein herum gelaufe macht mich nervös. Setz dich zu mir. Auf der Stelle. Ich bin platt. Ich bin wirklich platt.“

„Madleen, hör auf platt zu sein, sag mir lieber was ich tun soll! Ich hatte Erfolg mit meiner Mission,  auf der politischen Ebene  konnte ich erreichen was ich wollte. Ich bin zuversichtlich das Neidhardt sich in naher Zukunft um 180° wandelt. Es könnte ein Tauwetter geben, das uns allen die Freiheit schenkt. Frieden, Verständigung, ja eine Wiedervereinigung unseres geteilten Landes. Es gibt allen Grund optimistisch in die Zukunft zu blicken.  Ich habe mit Neidhardt den therapeutischen Beischlaf vollzogen, damit hätte ich umgehen können. Aber es ist mehr daraus geworden. Ich bin mir noch nicht sicher ob ich von Liebe sprechen kann. Ich weiß im Moment nicht wie es sich weiter entwickelt? Ich habe nicht die geringste Ahnung, was da auf mich zu kommt!“

„Sieh an sieh an! Die große Elena ist ratlos. Das ich das noch erleben darf.“ Neckte Madleen während sie ihre Gefährtin fest an sich drückte.

„Ausgerechnet Neidhard, Elena. Ich war bisher der Meinung , das du ihn abgrundtief hasst. Woher denn nur dieser Sinneswandel?“

„Dieser Ansicht war ich bis vor zwei Tagen ebenso!“, bestätigte Elena. „Als ich mich aber dann zu ihm auf sein Gelände vorkämpfte, ihn so friedlich in seinem Garten arbeiten sah, bekam mein Hassschild schon einen gewaltigen Riss. Als wir dann redeten, zusammen arbeiteten, zusammen aßen, kamen wir uns stetig näher. Irgendwann löste sich der Knoten. Es fiel mir wie Schuppen von den Augen und mir wurde bewusst, dass ich ihn zu keinem Zeitpunkt wirklich hasste. Es schien als habe ich seit einer halben Ewigkeit auf diesen Moment hingearbeitet. Nenne es Fügung, Vorsehung oder wie auch immer. Es sollte so sein. Ich saß ihm  gegenüber und stellte auf einmal fest wie unsinnig diese Dauerfehde war. Soviel Zeit sinnlos vergeudet mit dieser völlig überflüssigen Feindschaft. All das Leid der vergangenen Jahre hätte vermieden werden können, wenn wir es nur gewollt hätten. Ich bin mir sicher, er denkt ebenso.“

„Dann berichte mir doch einfach, was tatsächlich geschehen ist. Und zwar alles, Schritt für Schritt! Nichts auslassen, vor allem die spannenden Teile nicht.“ Verlangte Madleen.

Elena tat wie ihr geheißen. Das Geschehen wirkte nur verständlich, wenn man es im Zusammenhang betrachtete. Es nahm schon eine Menge Zeit in Anspruch, doch das war es Elena wert. Ihre Partnerin war der letzte Mensch den sie im Unklaren darüber lassen wollte.

„Also nein! Wenn ich nicht genau wüsste wie ernst dir die Angelegenheit ist, könnte ich glatt vermuten, du hast dir dass alles nur ausgedacht, um mich zu necken.“

„Ich glaube, ich drehe komplett durch, so sehr hat mich die Sache aufgewühlt. Bitte sage niemanden etwas, vor allem nicht deiner Mutter. Ich benötige einfach Zeit um mit mir ins Reine zu kommen,“ flehte Elena ihr Gegenüber an.

„Also weißt du Elena!“ entrüstete sich Madleen. „ Kennst du mich denn nach all der Zeit noch immer nicht? Selbstverständlich geht das außer uns beiden im Moment niemand etwas an. Aber ich weiß was ich jetzt gleich tun werde. Ich lasse uns ein schönes heißes Bad ein. Dann steigen wir in die Wanne und entspannen uns. Du wirst sehen, dann geht es dir bedeutend besser.“

„Mach dich doch bitte nicht lustig über mich. Mir ist die Sache wirklich viel zu ernst.“

„Ich mache mich überhaupt nicht lustig über dich. Los komm auf geht’s. Das hat dir bisher immer geholfen, warum sollte es dieses Mal anders sein.“ Schwungvoll erhob sich Madleen und zog Elena nach oben.

„Es ist doch so. In der Theorie sieht alles so einfach aus. Da lassen sich leicht gute Vorsätze schmieden. Geschieht dann aber das Unerklärliche überrollt es einen.

Du hast  Recht! Ausgerechnet Neidhardt. Aber bedenke, wenn ich ihn tatsächlich zum Grübeln gebracht habe. Ich muss einfach am Ball bleiben. Das ist unsere Chance die Diktatur zu beenden.“

„Wenn du jetzt auch noch mit Politik anfängst, bin ich dir tatsächlich böse.  Darüber will ich  heute Abend kein Wort mehr hören. Du wirst, so wie ich dich kenne, in den Folgetagen mit Sicherheit keine Gelegenheit auslassen, diese Sache zur Sprache zu bringen. Los komm jetzt!“

Willig folgte Elena. Madleen verwöhnte ihre Liebste auf ihre ureigenste Art.

 

 

Elena erwachte in der tiefen Nacht. Auch hier rissen die Gedankenströme nicht ab.

Mit Madleen hatte sie sich ausgesprochen. Es bedurfte keiner Versöhnung. Ihre Gefährtin akzeptierte diese Beziehung, da sie sich der ungeheuren Tragweite bewusst war, die davon ausging. Außerdem stellte Neidhardt keinen Rivalen für sie dar, die neue Beziehung würde von völlig anderer Art sein, als jene zu ihrer Frau.

Ihre Anvertraute hielt sie noch immer fest umschlungen und schnurrte wie ein Schmusekätzchen an ihrer Seite. Elena hatte die Nacht mit ihrer Geliebten genossen. Ein Teil ihrer Gedanken befand sich aber noch immer in dem streng bewachten Gartenhaus.

Sie blickte auf die Uhr, 4.30 Uhr.  Wo war Neidhardt? Wie ging es ihm? Wo befand er sich gerade jetzt zu dieser Stunde? War er im Begriff den alten Ofen anzuheizen? Nein, bestimmt hatte er sich längst in seine Stadtwohnung zurückgezogen. Dann saß er jetzt schon in seinem Büro und durchstöberte den ersten Aktenberg.

Elena fühlte sich schuldig. Hier lag sie, durfte die warme zärtliche Umarmung ihrer Geliebten spüren und ihn hatte sie allein gelassen. Wie verbrachte er die Zeit? Hatte sie ihm am Ende wirklich  nur vor Augen geführt,  was ihm bisher entgangen war?

Nein, so grausam wollte sie nicht sein. So etwas verdient kein Mensch, nicht einmal der schlimmste Tyrann. Wer den Samen der Liebe legt, ist auch in der Pflicht den sich bildenden Keimling aufzuziehen, ihm immerfort mit neuer Nahrung zu versorgen, bis die Blüte sich in voller Schönheit entfalten kann.

So bald als möglich wollte sie ihn wieder sehen! Sollte sie ihm jetzt seinem Schicksal überlassen, drohte am Ende ein Rückfall dessen Auswirkungen noch nicht abzusehen waren.

Wie vermochte sie das zu erreichen?

Die folgenden Tage würde sie damit zubringen, die Mosaiksteinchen zusammenzufügen.

Das Ziel lag zum greifen nahe. Sie brauchte nur zulangen.

 

 

Eine Woche war seither ins Land gegangen. In der Zwischenzeit hatte der November begonnen.

Zusehens präsentierte sich der Himmel grau und bedeckt. Eine blutige Sonne brannte mit geisterhafter Blässe durch den Nebel, der wie dicke Wolle über dem Land hing.

Feuchte Kälte drang durch die Kleidung. Nicht sehr einladend um sich nach draußen zu begeben.

Als sich eines Morgens Elena mit Tessa und Madleen zum Frühstück niedergelassen hatten, stürmte Alexandra aufgebracht in ihre Wohnung.

„Ich gehe doch sicher recht in der Annahme, dass ihr noch keinen Blick in die „Große Zeit“

geworfen habt.“ Erkundigte sich die Besucherin.

„Nein, haben wir noch nicht! Sollten wir? Gibt es denn in diesem Käseblatt  ausnahmsweise mal was Lesenswertes?“ erkundigte sich Madleen.

„Das kann man wohl sagen!“, antwortete Alexandra und entrollte das Titelblatt.

„Hier lest einfach selbst!“

Der Begriff Generalamnestie fiel den beiden sofort in die Augen. Schon einen Augenblick später wurden sie sich der Bedeutung dieses Begriffes gewahr.

Sämtliche politische Gefangene wurden begnadigt und konnte die Gefängnisse verlassen, die Schauprozesse wurden eingestellt und ein umfangreiches Rehabilitierungsverfahren eingeleitet. Alle Geächteten wieder in ihre Rechte eingesetzt.

Elena begriff. Neidhard hatte Wort gehalten. Die Diktatur begann sich ihrer eisernen Fesseln zu entledigen, war im Begriff sich selbst zu demontieren.

„Eine Generalamnestie Elena, ist das nicht phantastisch?“ rief Madleen voller Begeisterung aus. „Begreif doch, dass ist dein Werk. Das hast du zustande gebracht. Ein grandioser Sieg!“

Verwundert blickte Alexandra auf die beiden herab. Wie alle übrigen hatte sie noch keinen blassen Schimmer davon, was sich zwischen Elena und Neidhard zugetragen hatte.

„Ich habe nicht die geringste Erklärung dafür! Der alte Cornelius muss sich mächtig ins Zeug gelegt haben um Neidhard auf diese Weise zu beeinflussen.“

„Ja, so wird es wohl sein, Alexandra! Wir haben Cornelius alle unterschätzt. Sein Einfluss ist noch nicht gebrochen. Er wird Neidhard gehörig ins Gewissen geredet haben. Ich könnte mir vorstellen das mein Auftritt im Fernsehen auch ein wenig dazu beigetragen hat.“ Versuchte Elena ihren Einfluss herunter zuspielen.

„Ich glaube nicht, das der alte Cornelius an der Sache beteiligt ist.“, mutmaßte Madleen.

„Und auch der Fernsehauftritt scheint mir nicht alles zu sein, meinst du nicht auch?

Ich denke, das hängt doch wohl eher damit zusammen, dass du Neidhard danach noch einen Besuch…. Autsch!“

Elena zwickte ihrer Frau in den Schenkel, um ihren Redefluss zu unterbinden.

„Möchtest du dich nicht setzten und einen Kaffee auf die gute Nachricht mit uns trinken, Alexandra?“ lud Elena ein.

„Nein, nein, keine Zeit!  Das muss ich unbedingt Ronald mitteilen. Stell dir doch vor was das für ihn bedeutet. Ja, für alle Betroffenen. Ronald und die anderen Geächteten können sich nun endlich frei im ganzen Land bewegen, können das Abteigelände ohne Angst verlassen, phantastisch. Rehabilitation! Was für ein Wort. Wir werden ein ganz normales Leben führen können. Ich bin ja so glücklich. Ich könnte die ganze Welt umarmen.“

„Dann tue es Alexandra! Tue es! Und die ganze Welt wird sich mit dir freuen.“ Erwiderte Elena.

Alexandra umarmte auch tatsächlich alle im Raum Anwesenden und verließ hastig das Zimmer.

„Warum zwickst du mich denn in den Hintern ? Das tut doch weh!“

„Weil du um ein Haar unser Geheimnis verraten hättest. Es soll doch niemand wissen. Sicher, ich werde es wohl nicht mehr lange verheimlichen können. Aber im Moment ist es besser den Mantel des Schweigens darüber auszubreiten.“

„Entschuldige, aber daran habe ich nicht gedacht. Zu überschwänglich war die Freude.

Glaubst du, dass nun das Eis gebrochen ist?“

Ein Hauch von Zweifel mischte sich in Madleens Freudentaumel.

„Da bin ich ganz sicher. Und es wird nicht dabei bleiben. Ich hegte eine Weile den Verdacht, dass es Neidhard doch nicht gelingt über seinen Schatten zu springen. Als ich aber eben die Worte in der Zeitung lass, wurde mir bewusst, dass er es geschafft hat. Wir werden sehr bald schon einen Frühling erleben und das mitten im November.“

 

Unterdessen konnte es Alexandra kaum erwarten, dem Mann den sie liebte, die lang ersehnte  erlösende Botschaft zu überbringen.

Neidhard hatte zwar schon vor einiger Zeit das Todesurteil gegen ihn ausgesetzt und Ronald konnte sich auf dem Gelände der akratasischen Föderation frei bewegen. Verließ er aber die schützende Umfriedung drohte ihm die sofortige Verhaftung.

Wie eine tonnenschwere Last bemächtigte sich lähmende Angst beider Seelen. 

Ronald bemerkte gleich die Veränderung an Alexandras Wesen.

„Was ist Alexandra? Bringst du schlechte Nachrichten mit. Ich sehe es dir an. Irgendwas

stimmt doch nicht, oder?“

Regungslos stand die Frau im Türrahmen ihrer Wohnung. Sie bildete Worte doch die stockten ihr auf der Zunge.

Nur langsam fasste sie sich wieder.

„Sie…sie haben… eine Generalamnestie verkündet. Die politischen Gefangenen kommen frei, ausnahmslos. Sämtliche Prozesse werden eingestellt. Zudem gibt es ein Rehabilitationsverfahren.“

„Sie haben was? Wo…wer hat dir das gesagt? Ich meine, wie hast du das erfahren?

Freude und Entsetzen bemächtigten sich seiner gleichermaßen.

Alexandra hielt ihm die Zeitung vor`s Gesicht.

„Hier steht es! Sieh her! Schwarz auf weiß! Die „Große Zeit“ ist das Sprachrohr der Partei. Die werden so etwas kaum erfinden. Ronald es ist wahr! Es ist vorbei! Das bange Warten hat eine Ende. Wir sind frei!“

Alexandras Augen füllten sich mit Tränen. Lange würde sie sich nicht mehr unter Kontrolle haben.

Ronald hingegen blieb ruhig und setzte sich. Alexandras Worte brauchten eine Weile um ihre volle Wirkung zu entfalten.

„Vorbei sagst du? Einfach so? Ich…ich weiß nicht was ich sagen soll. Wie in aller Welt ist das möglich? Warum lenken die auf einmal ein? Gib mir die Zeitung noch einmal. Ich möchte etwas präziser lesen.“

Während Ronald aufmerksam das gedruckte Wort für Wort studierte nahm Alexandra an seiner Seite Platz und schmiegte sich eng an ihn.

Seine Zweifel lichteten sich. Der Albtraum war vorüber. Was aber hatte Neidhards Kehrwende ausgelöst?  Doch das sollte im Moment eine untergeordnete Rolle spielen. Er war frei, begnadigt. Mehr noch. Von Stunde an galt er nicht mehr als Verräter.

Zum ersten Mal seit langem spürte Ronald wie eine Wärme seine eisige Trostlosigkeit durchdrang, die ihn solange gefangen gehalten hatte.

„Es stimmt, mein Liebling. Alle sind wir frei. Alle! Ohne Ausnahme. Wir werden leben. Von nun an gibt es wieder ein morgen, auf das wir uns freuen dürfen.

Eigenartig nur mit welcher Fassung ich das gerade aufgenommen habe. Da fiebere ich monatelang einem solchem Traum entgegen und nun?“

„Glaub mir, die Freude wird sich noch einstellen. Warte nur die folgenden Tage ab. Du stehst wie unter Schock, das ist ganz normal.“ Unterbrach ihn Alexandra.

„Hast du eine Ahnung, was da vorgefallen sein könnte. Mein Vertrauen in die melancholanische Führung war nie besonders groß.“

Alexandra traute dem Frieden noch nicht ganz. Zu oft schon wurden ihre Erwartungen in der zurückliegenden Zeit ad absurdum geführt.

„Da oben ist irgendwas im Gange. Eine Palastrevolte oder dergleichen. Offensichtlich hat man Neidhard diese Zugeständnisse abgetrotzt.“ Versuchte er seine Frau zu beruhigen.

„Elena meint, der alte Cornelius habe sich wohl am Ende mit seiner gemäßigten Haltung durchsetzen können.“

„Cornelius? Gut möglich! Obwohl, andererseits. Der hat sich doch schon vorzeiten resigniert von allem zurückgezogen gerade weil er keinen Einfluss mehr hatte. Da muss noch etwas Bedeutungsvolleres dahinter stecken.

Elena wird es in Erfahrung bringen. Sie ist ohnehin besser informiert als wir.“

„Den Eindruck hatte ich nicht. Sie schien ebenso überrascht wie ich als sie die Worte las.“

Erinnerte sich Alexandra.

„Wie dem auch sei. Wir wollen uns einfach darüber freuen und dankbar sein. Vorsichtig zunächst. Aber ich bin mir ganz sicher dass unsere Freude nicht verfrüht ist.“

„Wollen wir die anderen aufsuchen? Die gute Nachricht hat sich mit Sicherheit schon herum gesprochen? Vielleicht wissen die mehr als wir?“

„Gute Idee!“, begeisterte sich Ronald. „Ich brauche jetzt auch frische Luft. Ich muss einfach raus.

Sanft strich er mit seiner rechten Hand durch Alexandras braune Lockenpracht.

„Ich liebe dich sosehr. Nie im Leben hätte ich die zurückliegende Zeit ohne dich überstanden. Treu hast du an meiner Seite gestanden. Ich war ein Gefangener. Du hast meinem Leben Sinn und Halt geboten.“

Beide machten sich auf den Weg um die Freude mit den anderen Bewohnern der Abtei zu teilen.

 

Nun geschah worauf wenige Tage zuvor noch kaum einer zu hoffen gewagt hatte, ein politisches Tauwetter das seinesgleichen suchte. Die Gefängnisse leerten sich, alle politischen Gefangen wurden in die Freiheit entlassen. Alle Geächteten erhielten wie versprochen ihre vollen Bürgerrechte zurück. Das Versammlungsverbot wurde aufgehoben, es konnten sich ab diesem Zeitpunkt Vereine, Initiativen aller Art gründen und frei entfalten. Demonstrationen überzogen das ganze Land. Die Berichterstattung in den Medien verzeichnete einen totalen Wandel. Die Probleme im Land wurden offen und schonungslos diskutiert. Kaum eine Woche verging ohne das prominente Personen aus der Politik oder dem öffentlichen Leben ihren Hut nehmen mussten und zurücktraten. Schließlich verkündete Neidhardt die Auflösung des verhassten Sicherheitsdienstes zum frühst möglichen Zeitpunkt.

Doch die entscheidende Frage die alle bewegte war, wann Neidhardt selbst an der Reihe wäre das Feld zu räumen. Immerhin stand er an der Spitze. Er konnte nicht erwarten das Untergebene, in der Rangfolge weit unter ihm, ihre Posten zurückgaben, während er selbst in Amt und Würden blieb. Einen vollständigen Neubeginn konnte es nur ohne ihn geben.

Andererseits bekleidete er  kein Regierungsamt, sondern hatte sich bis zu diesem Tag damit begnügt an der Spitze der Radikal-Revolutionären Partei zu stehen. Ein Schachzug der ihm nun zugute kam.

Doch auch hier standen gravierende Veränderungen ins Haus. Die Partei verfügte über ein Machtmonopol, ihr stand vom Gesetz her die absolute Macht ihm Staate zu. Folglich müsste jenes Monopol fallen um den Weg frei zu machen für allgemeine und freie Wahlen.

Doch was kam dann? Die Rückkehr zum alten melancholanischen Ständestaat, die Wiedereinsetzung der alten Privoeliten in ihre Privilegien? Oder wartete am Ende Unordnung und Chaos.

Auf einem eilends ein berufenen außerordentlichen Parteitag sprach ihm zwar eine Mehrheit ihr Vertrauen aus, doch es zeichnete sich immer deutlicher ein Zersetzungsprozess innerhalb der Partei ab. Sehr lange würde er sich kaum halten können. Hinter seinem Rücken wurden schon eifrig die Messer gewetzt. Fraktionen bildeten sich heraus die einander erbittert bekämpften. Am Ende konnte nur unausweichlich die Selbstauflösung der Partei stehen.

All das beunruhigte Elena in zunehmenden Maße. Eigentlich könnte sie froh über diesen Zustand sein. Als Siegerin mochte sie am Ende alle ausstechen. Doch auch dieses Mal würde es ein gefährlicher Sieg.

Sollte Neidhardt dem Druck nachgeben und tatsächlich zurücktreten, drohte ein Machtvakuum. Es war zu befürchten, dass sich ein Hardliner seines Amtes bemächtigen und alle Errungenschaften  im Hand umdrehen rückgängig machte.

Elena sah sich in der Pflicht dem entgegen zu wirken. Doch was konnte sie tun? Noch war das Land geteilt. Sie unterstand nicht der Regierungsgewalt des melancholanischen Staates. In der Bevölkerung Melancholaniens war sie populärer denn je. Diesen Umstand gedachte sie auszunutzen. Zunächst würde sie ganz offizielle Gesprächsangebote an die melancholanische Regierung senden, sich mit Cornelius und Neidhardt in der Öffentlichkeit präsentieren. Neben ihr selbstverständlich alle die in Anarchonopolis eine herausragende Position einnahmen.

Jegliches braucht seine Zeit. Ihrer Ansicht nach bestand kein Grund zur Eile. In einem langsamen Prozess sollte sich das geteilte Land wieder vereinen und Reformen einen Wandel einleiten. Wie es danach weiter ging, würde die Zeit entscheiden. Kommt Zeit kommt Rat. Einen fest gefügten Schlachtplan besaß Elena nicht, auch sie wurde von der Realität eingeholt. Keineswegs strebte sie nach der Macht. Schon lange hegte sie in ihrem Herzen den Plan, sich allmählich aus der Politik zu verabschieden. Sie wollte nicht mehr im Rampenlicht stehen, sehnte sich nach privaten Glück und einem beschaulichen Leben. In ihrem Inneren spürte sie den Drang nach Rückzug in die Stille, in die Kontemplation. Die Abtei und das umfangreiche Gelände das sie umgab boten dafür reichhaltige Möglichkeiten. Elena wollte dem Geheimnis in ihrem Inneren auf die Schliche kommen, wollte die Nebel lüften, die sie von der Wahrheit trennten. Was waren das für Kräfte die in ihr wirkten? Was hatte es mit Anarchaphilia auf sich? Wer oder was war sie wirklich? Was bedeutete diese eigenartige Prophezeiung von der sie beständig sprach? Fragen über Frage bohrten sich in ihren Verstand und harrten ihrer Antwort.

Elena konnte sich gut vorstellen wieder als Heilerin zu wirken, einer ganzheitlichen Medizin verbunden. Sie wollte helfen, Leiden lindern, darin sah sie immer deutlicher ihre Berufung.

Auch die Schwesternschaft gedachte sie weiterhin zu leiten, zumindest solange bis diese imstande war sich selbst zu führen und es keiner Hierarchie mehr bedurfte. Aber aus der Politik wollte sie aussteigen. Langsam, ganz langsam. Noch vertraute sie sich niemand an, sprach nicht einmal mit Madleen oder Colette darüber.

Derzeit hatte sie noch eine Reihe wichtiger Aufgaben zu erfüllen.

 

Von Gewissensbissen geplagt bestieg Elena ihren Wagen. Insgesamt 3 Wochen waren vergangen. Eigentlich hatte sie ihren Besuch bei ihm viel früher geplant, doch die unerwarteten Ereignissen im Land, all das grandiose was in den zurückliegenden Tagen von Statten ging, hatte den Aufschub bewirkt. 

 Diesmal würde sie Neidhardt direkt in der Parteizentrale aufsuchen. Wie schon bei ihrem Besuch in dessen Gartenhaus, hatte sie sich auch jetzt nicht angemeldet. Es sollte eine Überraschung werden.

Wie würde er reagieren? Mit einem Rauswurf brauchte sie kaum zu rechnen, nach all dem was er in den zurückliegenden Tagen eingeleitet hatte. Politisch näherten sie sich, das war unverkennbar. Doch wie sah es persönlich aus? Wie stand er zu ihr? In welche Richtung gingen seine Gefühle?

Elena beschloss nicht weiter nach zu grübeln, wollte den Dingen ihren Lauf lassen als sie den Jeep durch die Abteipforte steuerte und sich dann auf die Landstraße begab.

Unterdessen hatte das Wetter umgeschlagen.

Wie schon an den Vortagen, so wartete auch dieser frühe Nachmittag wieder mit für die Jahreszeit ungewöhnlich milden Wetter auf. Die Sonne stand schon tief am Horizont, so als bäume sie sich mit allen Kräften gegen den bevorstehenden dunklen Jahreszyklus auf.

Wären da nicht die schon fast vollständig kahlen Bäume und das viele bunte Laub, könnte man glatt zu der Ansicht gelangen, das sich der Frühling in Kürze in voller Pracht entfalten wollte. Nein, in absehbarer Zeit brauchte man mit keinem Wintereinbruch zu rechnen.

Es war nicht weit zum „Grauen Wunder“ der Parteizentrale in der Neidhardt noch immer residierte. Etwa eine Viertelstunde würde sie benötigen.

Nicht viel Zeit um gründlich nach zu denken. Was wollte sie ihm sagen? Natürlich gedachte sie in Erfahrung zu bringen, mit welchen Maßnahmen in der Folgezeit zu rechnen sei und auf was für Veränderungen sich die Akratasische Föderation einstellen musste.

Die Straßen von Manrovia vermittelten ihr den Eindruck einer völlig fremden Stadt, sosehr hatte sich alles verändert. Lang, lang war es her, da sie hier zum letzten Male wandelte.

Sie parkte den Jeep auf dem großen Platz vor der Parteizentrale. Der mausgraue schmucklose Riesenwürfel vor ihr hinterließ  noch immer ein beklemmendes Gefühl, selbst nachdem er nun seine Schrecken eingebüßt hatte.

In ihrer hautengen ausgewaschenen Bluejeans, der alten schwarzen Lederjacke und den nicht mehr ganz neuen weißen Lederturnschuhen wirkte Elena nicht gerade wie eine Kanzlerin als sie die Treppenstufen erklomm, ein milder Wind zerzauste noch einmal ihre kupferrote Lockenpracht bevor sie die Pforte durchschritt.

Selbstverständlich erkannten die Wachposten sofort um wen es sich handelte, nahmen Haltung an und salutierten.

Es schien das selbstverständlichste der Welt.

Was Elena nicht wusste war, dass Neidhardt Order erlassen hatte, dass sie, sollte sie der Zentrale einen Besuch abstatten, ungehindert passieren durfte, wann immer und wie oft sie dies beabsichtigte.

Nun befand sie sich also in der Höhle des Löwen. Den Löwen gab es noch immer, doch konnte sie sich auf die Fahnen schreiben ihn gebändigt zu haben.

Der lange Korridor war flankiert von allerlei Gemälden an den weißgetünchten Wänden. Ausnahmslos Szenen aus den großen Revolutionen, die sich zu verschiedenen Zeiten an allen möglichen Orten der Welt ereignet hatten.

Neidhardt fühlte sich noch immer als ein wichtiger Teil davon.

Schließlich fand sie sich vor der Tür zu  dessen Arbeitszimmer.

Ein ungewöhnliches Gefühl der Erregung bemächtigte sich ihrer. So etwas hatte sie schon seit ihrer Jugend nicht mehr erlebt.

Elena öffnete die Tür. Der Schreibtisch war leer. Neidhardt allem Anschein nach nicht anwesend. Als sie sich zum gehen wendete, bemerkte sie diesen wie er sich an einem Bücherregal zu schaffen machte,  ihr dabei den Rücken zugewandt.

Auf leisen Sohlen pirschte sie sich heran, berührte ihn an der Schulter, so dass er instinktiv zusammenzuckte.

„Elena? Du hier? Hast du mich erschreckt!“

„Bist du überrascht?“

„Das kann man wohl sagen!“

„Ist es dir nicht recht, dass ich gekommen bin? Soll ich mich wieder entfernen?“

„Nein, nein! Natürlich ist es mir recht! Ich hatte nur nicht damit gerechnet, dass du so… Naja, eben typisch Elena. Wollen wir mal sagen, ich hegte stets die Hoffnung auf dein Kommen.“ erwiderte Neidhardt und Elena glaubte den Anflug eines Lächelns in seinen Mundwinkeln zu entdecken.

„Warum hast du mich nicht besucht? Meine Einladung steht noch immer!“ Erinnerte ihn Elena.

„Nun, wir hatten verabredet das du mich zuerst besuchen kommst, hier in der Zentrale.“

Antwortete Neidhardt nachdem er wieder an seinem Schreibtisch Platz genommen hatte.

„Richtig! Ich erinnere mich! Eins zu Null für dich!“

„Hm, nun bist du hier und du findest mich in froher Erwartung.“

Mit einem Satz schwang sich Elena auf die Tischplatte des großen wuchtige Eichenholzschreibtisches und lies ihre Beine baumeln.

„Wie heißt es doch immer? Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt, muss eben der Berg zum Propheten gehen.“ Neckte Elena.

„Fragt sich nur wer von uns beiden der Berg ist und wer der Prophet?“ Wollte Neidhardt wissen.

„Welche Rolle würdest du bevorzugen?“

„Schwer zu sagen. Die Welt hält mich für einen gewaltigen Berg aus massivem Felsgestein, starr, unbeweglich, ein Monument unfähig sich auch nur einen Zentimeter zu bewegen. Die Rolle eines Propheten traut mir keiner zu. Ein Prophet, angetreten ein neues Zeitalter zu verkünden, ich denke es liegt an dir, diese Bürde aufnehmen. Ich gebe sie dir gern, wenn du magst.“

„Und du bist dir sicher dass ich das auch will?“

„Weshalb bist du sonst gekommen?“

„Um dich zu sehen! Genügt dir diese Aussage?“

„Ich höre sie gern! Sie genügt mir vollauf!“

„Worte! Muss es bei Worten bleiben? Fällt dir sonst nichts weiter ein? Ich meine mich zu erinnern, dass wir bei unserer letzten Begegnung weit über das hinausgingen was Worte auszudrücken vermögen.“ Rief Elena das alles entscheidende Ereignis in die Erinnerung zurück. Dann rückte sie näher zu ihm, stütze sich mit der rechten Hand auf die Tischplatte. Zaghaft bedeckte Neidhardt diese mit seiner eigenen, großen Hand.

„Das ist es was ich meine, etwas was Worte nicht ausdrücken können. Eine kleine Geste der Berührung. Ich hatte schon die Befürchtung dass du unser Erlebnis tief in deinem Unterbewusstsein vergraben hast. Aber wie ich zu meiner Freude feststelle, hast du es noch nicht vergessen.“

„Wie könnte ich! Niemand kann Elena widerstehen. Ich denke du hast es darauf angelegt, als du zu mir kamst. Nun bin ich infiziert. Ein Zurück gibt es nicht mehr. Der Stachel sitzt tief. Von Tag zu Tag lähmt mich der Schmerz mehr. Am Ende wird es wohl zur vollständigen Lähmung führen. Noch kann ich mich konzentrieren. Doch wie wird es weitergehen?“

Während er so sprach wurde sich Elena noch einmal ihrer Sünden bewusst. Sie hatte ihn sich selbst überlassen und sich nicht weiter seiner angenommen. Das war ansonsten ganz und gar nicht ihre Art, nachdem sie mit einem Menschen den therapeutischen Beischlaf praktiziert hatte. Neidhardt schwebte in einer Art von Nirvana, eine gefährliche Situation.

„Du hast Recht! Verzeih mir! Ich hätte dich nicht allein lassen dürfen. Ich verspreche dir, es wieder gut zu machen. Wenn du magst können wir uns öfters sehen.  Jederzeit bin ich für dich da. Ich möchte das Begonnene an dir vollenden. Ein süßer Schmerz sagst du. Ich möchte dir den Schmerz nehmen, so dass am Ende einzig und allein die Süße bleibt.“

Bot Elena ehrlichen Herzens an. Doch während sie diese Worte über ihre Lippen brachte meldete sich die Erkenntnis, dass sie, um dieses Angebot in die Tat umzusetzen, Madleen würde vernachlässigen müssen, ein Umstand der ihr ganz und gar nicht behagte.

„Elena mit den Zauberhänden. Ich konnte mich von deiner Kraft überzeugen. Ich fürchtete deren Wirkung, denn ich war mir stets der Tatsache bewusst, dass ich, solltest du nur einmal in meine Nähe kommen, nie wieder von dir lassen kann. Genauso ist es eingetreten. Nun darfst du Zeuge sein, wie ein Diktator beständig an Kraft verliert bis am Ende nichts mehr von ihm bleibt.“

„Richtig! Der Diktator stirbt, aber Neidhardt wird leben. Dein wahres Ich, nun kann es sich entfalten. Ich gab die Hoffnung niemals auf, in dir steckt das Gute, es bedarf nur einer zärtlichen Hand es frei zulegen.“ Glaubte Elena zu wissen.

„Und du bist dir sicher, dass das so einfach ist?“

„Ja! Warum sollte es denn nicht funktionieren?“

„Elena du verstehst mich nicht! Meine Kräfte schwinden. Ich verliere von Tag zu Tag mehr an Führungsstärke. Ich kann meine Position nicht mehr lange halten, längst schon sitzen sie in den Startlöchern um mich von meinem Sockel zu stoßen. Ich muss dich warnen! Die Hardliner, noch sind sie eine Macht. Sie bedeuten eine große Gefahr. Der laue Frühling, er könnte schon bald einem grausigen Winter weichen.“ Versuchte Neidhardt zu verdeutlichen.

„Ist es so schlimm?“

„Noch schlimmer! Bedenke, Cornelius wird demnächst zurücktreten. Diesen Wunsch hegt er schon seit geraumer Zeit. Seine Gesundheit ist schwer angeschlagen und er blieb nur um deinetwillen im Amt. Nun kann er sich zurückziehen. Unter normalen Umständen hätte ich ihn beerbt und fortan auch die Funktion des Staatsoberhauptes übernommen. Nun haben wir aber keine normalen Umstände mehr, bzw. dass was man dafür halten könnte. Zur Zeit weiß ich noch eine kleine Mehrheit hinter mir. Aber das wird nicht so bleiben. In absehbarer Zeit werden sie mir die Gefolgschaft verweigern. Unsere übereifrigen Reformer sind der Meinung dass es mit Neidhardt an der Spitze keine Erneuerung geben kann und die Konservativen sehen hingegen einen Weichling in mir, der seines Amtes nicht mehr würdig ist. Erkennst du die komplizierte Situation?“

„Ich sehe die Gefahr! Ich kann dich nur bitten durchzuhalten. Ich werde…nein wir werden dich nach besten Kräften unterstützen. Wenn du den Reformweg weiter fortsetzt steht ganz Akratasien hinter dir. Du kannst dich darauf verlassen, ich gebe dir mein Wort.“ Bot Elena an.

Neidhardt erkannte ihre ehrliche Absicht und schenkte ihr ein Lächeln, das sie augenblicklich erwiderte.

„Du warst immer stark! Du wirst es auch noch eine ganze Weile bleiben.“

„Glaubst du dass es einen weichen Diktator geben kann, Elena? Ich nicht! Schau! Sie gelobten mir Gefolgschaft und Treue aus einem Grund, allein weil sie mich fürchteten.

Es ist die Furcht die einen Diktator formt, sie ist es die ihm die Persönlichkeit gibt, die er braucht um bei seinem Volke Anerkennung und Respekt hervor zu rufen. Verliert das Volk die Furcht vor ihm, geht mit ihm auch der Respekt. Ein gütiger Diktator ist ein Widerspruch in sich selbst. Er kann nie zu einem Demokraten werden. Diese Rolle kauft ihm keiner ab.“

„Da magst du Recht haben. Aber es wäre ja nur für eine Übergangszeit, solange bis wir eine bessere Lösung für die Zukunft finden. Unsere Regierungen müssen in den folgenden Monaten eng zusammen arbeiten.“

„Es gibt nur eine Person, die einem drohenden Chaos entgegenwirken kann, nur eine Person die sich die nötige Anerkennung in der Mehrheit der Bevölkerung sicher sein kann. Nur eine rechtmäßige Erbin der Macht.“

„Du meinst mich?“

„Selbstverständlich! Wen denn sonst!“

„Niemals!“ Entrüstete sich Elena.

„Sie wollen dich! Das haben sie immer getan! Schon seit vielen Jahren erwarten sie ihre göttliche Erlöserin.“

„Ich bitte dich Neidhardt, rede nicht so. Das ist doch Unsinn! Ich lehne es ab. Ich habe genug von der Politik. Es gibt genügend fähige Leute auf beiden Seiten der einstigen Grenze, die imstande wären das Vakuum zu füllen. Ich stehe zur Verfügung und verspreche alles in meiner Macht stehende zu tun, um mit zu helfen das Land aus dem Sturm in einen sicheren Hafen zu geleiten. Danach ziehe ich mich zurück. Schon lange warten Aufgaben von ganz anderer Art auf mich. Denen möchte ich mich fortan widmen.“

„Ich kann dich gut verstehen. Wer möchte schon in einer solch verworrenen Zeit Politik betreiben? Aber ich fürchte es rollt einfach auf uns zu, ob es uns gefällt oder nicht.

Wir haben unsere Rolle zu spielen.“ Wiegelte Neidhardt ab.

„Natürlich haben wir die. Ich werde die meine übernehmen. Bis zu einem bestimmten Zeitpunkt. Mehr kann und will ich nicht versprechen. Vor allem ist jetzt erst einmal Vernunft und Augenmaß gefordert.  Wir beide müssen in erheblichem Maße dafür sorgen dass sich die Ereignisse nicht überschlagen, sonst droht wieder nur ein Chaos. Akratasien ist ein kleines Land. Seine Fläche, seine Bevölkerung sind überschaubar.

Unser gesellschaftliches Experiment hat dort ganz gut gegriffen, wenn auch noch nicht in vollem Maße. Die Kommunen verwalten sich autonom, verbunden in einem Netzwerk.

Dieses Prinzip auf eine wesentliche größere Einheit zu übertragen könnte erhebliche Schwierigkeiten mit sich bringen.“

„Du meinst damit die Herrschaftslosigkeit, basisdemokratische Strukturen, Akratie, wie du es zu nennen pflegst?“ wollte Neidhardt wissen.

„Genau die! Sieh mal, all jene die  auf das Gelände der Abtei flüchteten oder in die ihr zugeordneten Gebiete, waren zu einem Großteil Idealisten, sagen wir mal zwei Drittel, ein Drittel Mitläufer, das ist in Ordnung. Die Mehrheit der Bevölkerung steht also solchen gesellschaftlichen Experimenten offen und mit Interesse gegenüber und unterstützt diese auch tatkräftig. Ich weiß nicht ob die Menschen hier in Melancholanien dazu imstande wären.

Gut, gehen wir mal davon aus, dass wir so eine Art von revolutionärer Situation haben. Derzeit begehren die Menschen auf, sind unzufrieden mit dir und deiner Oligarchie, wollen euch zu einem schnellstmöglichen Zeitpunkt loswerden. Doch was kommt dann?“

Elenas Frage traf den Kern. Neidhardt schwieg, dann entfaltete sich ein Bild vor seinen Augen.

„Hm, die Stunde Null vergeht rasch, dann kehr der Alltag zurück. Ich fürchte dass es eine Restauration gibt. Die alten von mir dereinst entmachteten Eliten kehren zurück und fordern ihre Privilegien wieder ein. Der Primat der Politik verschwindet zugunsten der Wirtschaft, die von jener Stunde an wieder den Ton angibt. Die alte Dreiteilung der Bevölkerung feiert ihre Wiederauferstehung. Einen solchen Zustand nennt man Demokratie. Es werden wieder regelmäßige Wahlen statt finden und zwei miteinander konkurrierende politische Parteien wechseln einander mit dem regieren ab. Möglicherweise gibt es auch ein paar Parteien mehr, doch ändert das nichts an den Spielregeln. Die Privo werden herrschen, regieren und das Leben in vollen Zügen genießen dürfen. Die Preka werden schuften bis zum umfallen und sich fürchterlich wichtig dabei vor kommen und mit Verachtung auf die Paria blicken, jene Ausgestoßenen  der Gesellschaft, die unterste Sprossenleiter, humanoider Müll, dazu berufen die Wut der Preka auf sich zu lenken, die eigentlich den Privo gilt. Die große Freiheit. Wohl denen die sich Privo nennen dürfen. Die Freiheit endet mit dem letzten Schein im Portemonnaie. Ja, dafür lohnt es sich zu kämpfen.“

Eine düstere Vision, ein kalter Schauer überkam Elena beim hören dieser Worte, denn sie befürchtete, das Neidhardts Vision schon bald den Tatsachen entsprechen könnte. Genau diesen Zustand galt es zu vermeiden. Aber wie sollte sie das unter diesen Umständen leisten? Sie hatte mit den anderen in Anarchonopolis, später auch in den angegliederten Gebieten etwas Neues geschaffen. Dort wurde die Akratie geboren.

Doch existierte diese wirklich, oder war hier nur der Wunsch der Vater des Gedankens?

 

Warum hatten sie eine Königin, eine Kanzlerin, eine Schwesternschaft, straff

organisiert wie ein Orden? Eben deshalb weil die Akratie bei Weitem noch nicht im vollem Umfang greifen konnte. Selbst hier, in jener recht kleinen überschaubaren Einhalt galt es zunächst die Menschen von der Richtigkeit einer gewaltfreien, herrschaftslosen und egalitären Gesellschaft zu überzogen. Eine mühevolle Kleinarbeit, die vollen Einsatz erforderte.

Die Erprobungsphase befand sich noch in den Kinderschuhen und von einem endgültigen  Durchbruch konnte noch lange keine Rede sein. 

Und nun sollte dieses System auf ein ganzes Staatswesen übertragen werden, auf ein Land, gerade im Begriff sich von einer Diktatur zu lösen? Eine Diktatur stets darum bemüht seinen Bewohner Vorschriften zu machen, um deren Lebensweisen bis ins kleinste Detail zu reglementierten.

Elenas derzeitiger Sieg könnte schon recht bald in einer verhehrenden Niederlage enden. Die Bewohner Melancholaniens wollte keine Akratie, sie wollten statt dessen Elena an der Spitze sehen, als Staatsoberhaupt, Kanzlerin oder wie auch immer, Hauptsache Elena würde den Ton in dem neu zu erschaffenden Staatsgebilde angeben ob es nun Melancholanien, Akratasien oder sonst wie heißen mochte.“

„Wir haben eine Menge an Arbeit vor uns. Du und ich.“ Versuchte Elena ihre Unsicherheit zu verbergen.

„Lass uns schon bald einen Plan ausarbeiten. Du musst einfach noch eine Weile in deiner Funktion ausharren, solange es geht. Setze die Reformen weiter fort. Wir bewegen uns quasi auf einander zu. Du von oben und ich, bzw. wir kommen dir von unten entgegen, nur so können wir erfolgreich sein.“

„Wenn du meinst! Ich kann es versuchen. Sei aber stets darauf vorbereitet unter Umständen auch alleine weiter zu machen. Jeder Tag kann für mich der letzte sein, dass musst du immer vor Augen haben.“ Beschwor sie Neidhardt.

„Ich glaube an die große Kraft, die mich schon seit langer Zeit behütet und leitet. Sie wird mir die nötige Ausdauer schenken, das Begonnene auch fort zu setzen. Aber Schluss jetzt mit dieser Politik. Wie geht es dir? Wie fühlst du dich persönlich, gesundheitlich vor allem. Das wollte ich eigentlich in Erfahrung bringen.“ Versuchte Elena nun vom Thema abzulenken.

„Wie ich mich fühle? Mir geht es gut, wenn man von den Schmerzen absieht die mich noch immer plagen.“ Antwortete Neidhardt und Elena erkannte sogleich was er damit meinte.

„Immer noch Kopfschmerzen die von den Schulterblättern kommen? Dann möchte ich dir helfen. Ich biete dir meine heilenden Hände auch weiterhin an. Von nun an regelmäßig, wenn du es wünschst.“ Bot Elena an.

„Das ist sehr lieb von dir. Kann ich im Moment besonders gebrauchen. Die Schmerzen sind manchmal so heftig, dass ich kaum noch einen klaren Gedanken fassen kann.“ Bekannte Neidhardt.

Sanft legte nun Elena ihre Hand auf die seine.

„Wenn du magst kann ich dir jetzt an Ort und Stelle mit einer Massage dienen.“

„Ein ungünstiger Augenblick. Ich muss dich bitten bald zu gehen. Auf mich wartet wieder eine anstrengende Besprechung und die kann sich in die Länge ziehen. Mir graut schon jetzt davor. Heute Abend werde ich wohl kaum noch sitzen können. Dann wäre es günstiger, denke ich.“

„In Ordnung! Ich werde für dich da sein. Ich wollte in der Zwischenzeit ohnehin nach Cornelius sehen . Da wartet ein weiterer Patient auf mich, dem geht es auch nicht besonders gut.

Ruf mich einfach wenn du soweit bist!“

Elena umarmte Neidhardt dann entschwand sie durch die Tür.

 

Die folgenden Stunden verbrachte sie bei Cornelius. Viel gab es zu erzählen.

Sie würde zwischen den beiden alten Revolutionären hin und her wechseln, hatte mit ihnen alle Hände voll zu tun. Zwischendurch flog sie auf den Flügeln der Gedanken heim in die Abtei, zu Madleen. Wieder einmal musste sie ihre Geliebte vernachlässigen. Aber im Moment war ihr Aufenthalt hier von entscheidender Wichtigkeit.

„Hast du eine Erklärung für diesen radikalen Sinneswandel bei Neidhardt? Ich nicht! Noch immer denke ich, ich sei im falschen Film. Ich stehe vor einem Rätsel.  Dass ist einfach nur unbegreiflich. Da kann sich nur etwas Außergewöhnliches ereignet haben.“ Versuchte Cornelius in Erfahrung zu bringen.

Elena musste sich ein Lachen verkneifen, natürlich kannte sie den Anlass und die Versuchung war groß, es Cornelius auf die Nase zu binden. Doch sie hatte ihr Wort gegeben über die Ereignisse im Gartenhaus den Mantel des Schweigens zu hüllen. Niemand, ausgenommen Madleen, sollte je davon erfahren.

„Ach, dir gefällt das wohl nicht? Wünschst du dir auf einmal den alten Neidhardt zurück?“

„Nein! Nein! Natürlich nicht! Ich freue mich auch über die positive Entwicklung in unserem Land. Aber das ist alles so unwahrscheinlich. Dieser Kerl ist ein Prinzipienreiter durch und durch, nie war er bereit auch nur einen Jota von seinen Überzeugungen zu weichen. Die von ihm vorgegebene Richtung war Gesetz und nun das."

„Menschen ändern sich Cornelius! Es ist nie zu spät das Ruder herum zu reißen und in eine entgegengesetzte Richtung einzuschlagen. Auch Neidhardt ist nur ein Mensch.“

versuchte Elena zu verdeutlichen.

„Neidhardt und sich ändern, dass ich das noch erleben darf. Das Unmögliche wird möglich.

 Stell dir vor, der hat mich in den letzten Tage schon viermal besucht, sich nach meinem Befinden erkundigt, mir Geschenke mitgebracht und sogar eine Partie Schach mit mir gespielt. Früher kümmerte der sich einen Dreck um mich und meine Belange. Ihm war es gleichgültig wie es mir erging. Und nun dass! Ich glaube ich falle noch aus allen Wolken!“ Schwärmte Cornelius weiter.

„Genieße es Cornelius! Nimm es als ein großes Geschenk von dem am Ende alle profitieren. Lange haben wir auf eine solchen Tag gewartet. Nun dürfen wir dessen Erfüllung genießen. Es liegt an uns wie wir es zu nehmen verstehen.“

„ Aber mich bewegt nur eine Frage. Was hat ihn aus der Fassung gebracht?“

Bohrte Cornelius weiter.

„Ist das so wichtig für dich?“

„Ja, aber sicher!“

„Warum? Warum müssen die Menschen immer versuchen Geheimnisse zu ergründen? Kannst du es nicht einfach so wie es ist im Raum stehen lassen? Sicher kommt einmal der Tag an dem sich Neidhardt aus eigenem Antrieb offenbaren wird. Oder auch nicht. Egal!  Es ist nicht wichtig!“

Wehrte Elena weiter ab, beständig in Gefahr sich doch noch zu verplappern.

„Viel eher sollten wir in uns gehen und darüber nachdenken, wie es weitergehen soll. Damit haben wir wahrlich mehr als genug am Hals.“

„Das stimmt natürlich! Glaub mir, es ist in vollem Gange. Ich komme kaum noch zur Ruhe die letzten Tage. Eine Konferenz jagt die andere. Ich staune darüber, dass ich dem überhaupt noch gewachsen bin, dabei wollte ich mich schon so lange zur Ruhe setzen. Ich fürchte dass ich meinen Entschluss wieder vertagen muss. Oder welche Meinung hast du darüber?“

„Das sind innermelancholanische Angelegenheiten. Geht mich genauso genommen gar nichts an. Du sprichst gerade mit der Kanzlerin eines souveränen Staates.“

„Ach Unsinn Elena. Ich habe diese Sezession niemals anerkannt. Du versuchst dich nur  bequem aus der Affäre zu ziehen. Dir ist doch bewusst, wie wichtig mir gerade dein Urteil ist.“ Lehnte Cornelius Elenas  gespielte Neutralität ab.

„Ich kann dir keinen Rat geben. Wenn du weitermachen willst, dann tue es. Wenn du dich zur Ruhe setzen willst, wird es jeder verstehen. Es geht nicht um Personen in diesem Spiel.  Jeder und jede ist ersetzbar. Wenn du deinen Platz räumst, machst du den Weg frei für Veränderungen. Wichtig ist das du deine Nachfolge geordnet hast.“

„Das habe ich in der Tat. Du weißt nur zu gut wen ich für meine Nachfolge auserkoren habe, die beste Wahl die ich treffen konnte.“

Selbstverständlich war sich Elena sofort bewusst auf was er hinaus wollte. Er hatte sie auserwählt, seine Wunschkandidatin seit jeher.

„Schlag dir das aus dem Kopf! Ich mache da nicht mit!“ Elenas Ablehnung klang hart und bestimmend. Cornelius fühlte sich getroffen.

„Schade! Also erfüllen sich meine Wünsche nicht. Die Sehnsucht eines alten Mannes, einfach beiseite geschoben.

Ich verstehe es nicht. Eben noch hast du mich darauf aufmerksam gemacht, dass du Kanzlerin Akratasiens bist. Auch ihr habt dort eine funktionierende Regierung, sogar mit einer Königin an der Spitze und du führst die Regierungsgeschäfte. Demzufolge ist dir das regieren nicht unbekannt. Du bräuchtest es nur auf das wiedervereinigte Land aus zu weiten.“

„Das lässt sich nicht vergleichen, diese Funktion ist aus der Not geboren, sagen wir als Trotzreaktion auf die Grenzbefestigung damals. Ohne diese einschneidende Maßnahme wären wir nie auf die Idee gekommen einen Staat zu gründen. Alles was wir anstreben geht weit über den derzeitigen Status hinaus. Es sollte in Zukunft überhaupt keine Staaten mehr geben.

Auch Akratasien ist nur ein Übergangsstadium, eine Brücke in eine Zeit, die jenseits unseres Vorstellungsvermögens liegt.

Cornelius ich will nicht. Weder du noch Neidhard könnt mich dazu bewegen meine Meinung zu ändern. In Folge dessen müsst ihr die Nachfolge unter euch entscheiden. Neidhardt wird dir folgen, glaube mir, das ist im Moment das Beste was dem Land geschehen kann. Der geläuterte Neidhardt wird viel bewirken können.“ Elena lies sich nicht erweichen, Cornelius kannte sie zu gut. Es würde wenig Sinn machen  weiter auf sie einzureden. Doch aufgegeben hatte er seinen Plan deshalb noch lange nicht.

Er würde sie überlisten müssen um das zu erreichen was er wollte. Die Vorstellung die Frau zu täuschen die wie eine Tochter zu ihm stand, tat ihm weh, aber auf eine andere Weise  konnte er sein Vorhaben kaum verwirklichen.

 

Schon lange hatte die Dunkelheit den Himmel erobert, als Elena wieder bei Neidhardt eintrat. Mit schmerzverzerrtem Gesicht kauerte der auf seinem Ledersessel.

„Alles überstanden?“

„Ja zum Glück! Wenn es zur Verbesserung der derzeitigen Situation beträgt, bin ich gerne bereit dieses Opfer zu bringen.“ Erwiderte Neidhardt.

Elena schlang ihre Arme von hinten um den wuchtigen Körper.

„So, jetzt bin ich für dich da! Mach dich erst mal frei!“

Elena betastete Neidhardts Schultern und stellte fest wie weit sein Leiden schon fortgeschritten war.

„Mein Gott! Das ist ja entsetzlich. Dein Nacken, deine Schultern sind  total verspannt,  richtig gehend verhärtet? Komisch das mir das nicht aufgefallen ist. Da werde ich all mein Können einsetzen müssen. Ich kann dich nur darauf vorbereiten dass es eine langwierige Angelegenheit wird.   Wir werden einige Sitzungen vor uns haben. Da könnte ich glatt noch ein paar helfenden Hände gebrauchen.“

Wie ein Blitz schoss es durch ihren Kopf. Könnte nicht Madleen dazustoßen? Die verstand sich ausgezeichnet auf das massieren. Kunststück! Bei solch einer Lehrerin? Mit vier Händen würden sie bedeutend mehr erreichen und sie hätte ihre Gefährtin bei sich. Doch kaum das ihr die Idee gekommen verwarf sie diese  wieder.  

Madleen und Neidhardt? Nein! Das konnte im Moment nur Verdruss bedeuten. Und zwar für alle Beteiligten. Sie musste sich Neidhardt in vollem Einsatz zuwenden. Vor den Augen ihrer Partnerin wäre das undenkbar. Man kann seine Zuwendung nur einem Menschen in vollem Maße widmen.

„Komm legt dich auf dein Bett, mach es dir so bequem wie nur irgend möglich!“ Schlug Elena vor und Neidhardt folgte ihrem Rat.

Gekonnt fuhr sie mit den Handflächen in kreisender Bewegung an der Wirbelsäule entlang.

Vergrößerte langsam den Druck und strich dann mit den Daumen auf den Muskeln nach oben aus.

Die extreme Verhärtung in Neidhardts Schultern versinnbildlichte die Verfassung in der er sich befand. Sein ganzes bisheriges Leben war eine einzige Verhärtung. Der einsame Kämpfer der die Revolution seine Braut nannte, die einzige die es je in seinem Leben gab, harrte ein Leben lang einer Erlösung. Ein liebloses Leben ganz ohne zärtliche Berührung, ohne den sanften Atem eins lieben Menschen auf der Haut und ohne liebende Worte, die doch soviel bewirken können. Die Verhärtung geradezu vorprogrammiert. Um zu überleben gab er diese nach außen weiter. Seine kompromisslose Unnachgiebigkeit, sein gnadenlos-unbarmherziges Auftreten war nichts weiter als ein Schutzmechanismus und zudem ein ständiger Hilferuf eines zutiefst verletzten und liebesbedürftigen Wesens. Elena hatte diesen Hilferuf vernommen wenn auch zunächst unbewusst. Sie konnte die richtige Schlussfolgerung daraus ziehen. Sie fand den Weg zu ihm, wie ein Gralsritter aus dem Parzival-Mythos hatte sie sich auf den Weg zu seiner Gralburg gemacht um ihn zu erlösen.

 >Nur eine Waffe taugt .Die Wunde schließt der Speer nur der sie schlug< heißt es in Wolfram von Eschenbachs berühmten Epos vom erlösten Gralskönig. Zwar konnte man Elena nicht als Urheberin seines Dilemmas betrachten, dessen Ursachen lagen in einer fernen Vergangenheit. Doch die letzten Jahre stellte sie den bedeutendsten Stachel in seinem Fleische dar. Sie besaß alles was er nicht hatte.

 Da saß er, der vereinsamte Diktator in seiner Trutzburg und in nur geringer Entfernung fand das Leben statt. Die kunterbunte Kommune in der Abtei mit all seiner erfrischenden Freude lag außerhalb seiner Reichweite, schloss ihn aus dem Leben aus. Hass, Neid, Eifersucht, das Gefühl ausgegrenzt zu sein drohten ihn irgendwann in den Wahnsinn zu treiben.

Nun hatte ihn Elena erlöst, hatte ihn berührt, nicht mit einem Speer, ihre sanfte Hand reichte aus um die Lebensgeister wach zu rufen. Jetzt trug sie, ob sie wollte oder nicht, die Verantwortung für ihn. So wie ein Gralsritter seinem von ihm erlösten König dauerhaft zur Seite stehen musste.

Neidhardt schätze seine Lage vollkommen richtig ein, ein Zurück gab es für ihn nicht. Der Tyrann war schon in jener alles entscheidenden Nacht im Gartenhaus gestorben.

Nun schwebte er in großer Gefahr, denn seine Verwundungen würde er nicht mehr verbergen können. Am Ende konnte es geschehen dass er, hilflos wie ein kleines Kind, mit an sehen musste wie er von seinen einstigen Getreuen demontiert wurde.

„Alles in Ordnung! Wenn es zu sehr schmerzt, melde dich einfach!“ Erkundigte sich Elena.

„Alles gut! Du machst das großartig. Wenn es schmerzt ist es richtig. Wie sagt man doch so schön, nur was wehtut hilft.“ Entgegnete ihr Neidhardt.

„Das tun wir jetzt regelmäßig! Nicht jeden Tag, denn zwischendurch müssen sich deine Muskeln erholen. Ich denke alle zwei bis drei Tage ist genau die rechte Dosierung.“

Elena setzte ihre Massage auf diese Weise noch eine ganze Weile fort. Dann wurde es immer sanfter, die medizinische Behandlung ging in leichtes Streicheln über, bis Neidhardt in ihren Armen ruhte.

Elena blieb die ganze Nacht an seiner Seite, stand ihm zur Verfügung wann immer er sie brauchte. Sie fühlte sich wohl dabei, andererseits plagten die Schuldgefühle, denn zuhause wartete Madleen. Das machte sie traurig, denn sie wollte die Gefährtin auf keinen Fall über einen lang anhaltenden Zeitraum vernachlässigen. Einen solchen Menschen wie lässt man nicht warten.

Niemand vernachlässigt eine Madleen. Denn es sind die zahlreichen Madleens dieser Erde, die, oft von vielen unbemerkt, das Leben sanfter, sinnlicher und liebevoller machen.

 

„Neidhardt, die ganze Nacht zerbrach ich mir den Kopf, was dir im Moment am besten helfen könnte. Da meldete sich eine durchaus gangbare Idee.“ Meinte Elena als sie gemeinsam am Frühstückstisch Platz genommen hatten. Ein Novum für Neidhardt, der für gewöhnlich am Morgen niemals aß. Elena hatte aber darauf bestanden dass er hinsichtlich seiner Gesundheit seine Lebensgewohnheiten ändern sollte und dazu gehörte ihrer Meinung auch ein ausgewogenes Frühstück. 

„So? Na lass hören! Da bin ich mal gespannt!“ Erwiderte Neidhardt während er in seinem Müsli löffelte, das ihm Elena verordnet hatte.

„Du brauchst einfach jemanden an deiner Seite. Einen Menschen der dir richtig zur Hand geht, den Haushalt führt, einfach zur Stelle ist wenn du seiner bedürfst, zu jeder Stunde abrufbereit.“

„Ich habe hier in der Zentrale meine Bediensteten. Für mich wird gekocht, gewaschen, geputzt, alles was dazu gehört!“

„Das meine ich nicht! Du brauchst eine Gefährtin. Es sollte eine junge Frau sein,  in der Lage, sich voll und ganz auf deine Wünsche einzustellen. Es geht hier gar nicht so sehr ums kochen, putzen, Wäsche waschen oder dergleichen mehr. Es geht um einen Menschen der dich verwöhnen kann, dir deine geheimsten Wünsche erfüllt, noch ehe du sie ausgesprochen.

Nicht nur am Tag! Jemand der dir auch in der Nacht zur Seite liegt. Es könnte natürlich auch ein junger Mann sein, wenn dir das eher entspricht. Aber ich denke, eine junge Frau wäre im Moment eine gute Lösung. Es wird nicht einfach, aber mit einigen Überredungskünsten wird es mir gelingen aus den Reihen der Schwesternschaft eine zu finden, die dir gefällt.“

Schon während sie die Worte sprach musste sich Elena eingestehen wie unsinnig dieser Vorschlag war. Er entsprang einfach ihrer derzeitigen Hilflosigkeit.

Es ging nicht darum Neidhardt die erst beste ins Bett zu legen. Der benötigte einen Menschen des absoluten Vertrauens, der Hingabe und des Verständnisses für seine spezielle Lage. Da kam nur eine Person in Frage und die saß ihm gegenüber. Er brauchte Elena, er war auf sie ausgerichtet. Sie war seine Erlöserin. Nur ihr konnte er sich an vertrauen und ihr Einblick in seine intimsten Geheimnisse gewähren.

„So? Findest du? Hm, dass heißt, du willst dich nicht mehr mit mir abgeben. Klar, hätte ich mir denken können.“ Bitterkeit sprach aus Neidhardts Worten.

„Entschuldige Neidhardt! Du hast mich missverstanden. Ich werde immer für dich da sein, wann immer du mich brauchst. Ach, es war dumm von mir so einen Vorschlag zu unterbreiten, ich gebe es zu. Ich dachte nur, ich könnte vielleicht Verstärkung mit bringen und wenn sie dir gefällt dann… Ach Unsinn, reden wir nicht mehr drüber.“

„Keine könnte dich auch nur im Ansatz ersetzen. Ich stelle fest wie sehr ich dir von Augenblick zu Augenblick mehr verfalle. Dein Anblick ist für mich eine Herausforderung wie ich sie noch nie im meinem Leben verspürte. Du bist die Versuchung in Person.“

Wahr gesprochen! Wer würde ihm widersprechen. Alleine schon die Tatsache wie sie vor ihm saß, nur in ihrem dünnen Hemdchen. Der spitze Ausschnitt der einen tiefen Einblick in ihr Dekolletee zuließ. Die zerzausten Locken die ihr ständig ins Gesicht fielen. Den linken Fuß auf den Sitz des Stuhles gestürzt und das Knie mit beiden Händen umfasst. Dieser Blick, diese strahlenden Augen und die Grübchen in den Mundwinkeln. Das Herz des Diktators schien zu tiefst verwundet.

„Wenn du mich jetzt im Stich lässt, werde ich wohl nicht mehr lange überleben.“ Fugte er hinzu.

Elena packte das Entsetzen. Sie stieg von ihrem Stuhl und nahm zu Neidhardts Füßen am Boden Platz, denn bette sie ihre Kopf in dessen Schoß. Eine Geste die sie nur bei ganz ganz bestimmten Menschen praktizierte, bei Personen denen sie mit tiefer Ehrfurcht begegnete. Kovacs zum Beispiel, ferner Cornelius und Colette, sonst niemand. Eine Geste die dem Empfänger absolute Verbundenheit bezeugte und das Gefühl immer für ihn da zu sein.

„Ich gebe dir mein Ehrenwort, das ich dich niemals im Stich lasse. Nie wieder soll etwas zwischen uns stehen.“

Eine ganze Weile verharrte sie in dieser Haltung, bis es Elena nicht mehr aushielt. Sie brauchte  einfach Luftveränderung. Sie musste in die Abtei zurück und würde ihn alleine lassen, aber nur für eine kurze Zeitspanne.

Nachdem sie sich angekleidet hatte erschien sie noch einmal um sich zu verabschieden indem sie ihn von hinten umarmte.

„Ich muss jetzt gehen. Ich… ich muss das auch alles erst mal verarbeiten. Keine Sorge ich komme recht bald wieder. Deine nächste Massage wartet schon. Wäre dir übermorgen recht?“

Neidhardt nickte wortlos. Elena verabreichte ihm einen Kuss auf die Wange, dann stürmte sie aus dem Zimmer.

Verzweifelt versuchte sie sich der Tränen zu erwehren, was ihr mehr schlecht als recht gelang.

Sie bestieg den Jeep und brauste davon

Nun ergossen sich die Tränen über ihre Wangen. Elena musste sich eingestehen, dass es nicht nur Neidhardt erwischt hatte sondern auch sie selbst und das mit einer Heftigkeit, die ihr den Boden unter den Füßen entzog. Sie fühlte sich überhaupt nicht auf eine Zweitbeziehung eingestellt.

Madleen hatte ihr zwar versichert das sie damit leben könnte, doch die schien nicht zu ahnen um was es sich dabei handelte.

Seitensprünge gab es derer viele, die waren nicht der Rede wert. Vor allem Elenas Praxis des Therapeutischen Beischlafes brachte es immer wieder mit sich, dass sie sich hin und wieder für Kurze Zeit anderen widmete, aber vor allem um diese aufzubauen und im Anschluss erfolgreich zu verkuppeln.

Jener Zustand, den sie jetzt durchlebte, bedeutete absolutes Neuland.

Madleen, ihr Rehkitz, war der Mensch mit dem sie zusammen alt werden wollte. Die Frau mit der sie gemeinsam ihre Tochter aufzuziehen gedachte. Zum vollständigen Glück fehlte wohl nur noch ein weiteres Kind, Madleens Kind, dann wäre die kleine Familie perfekt. Niemals würde sie Madleen aufgeben, die Frau die ihr Leben gerettet hatte, es war erst wenige Monate her, mit der sie im Anschluss zum Traualtar schritt.

Die unvorhersehbare Beziehung zu Neidhardt drohte alles zu vernichten.

Sie fühlte sich durchtrennt. Zwei Menschen forderten eine Entscheidung, sie mochte sich nicht entscheiden. Aber beide lieben, das stellte eine Überforderung von undurchschaubaren Ausmaß dar.

Doppelte Lust erkauft durch doppelten Frust.

 

 

Doch nicht nur Elena sollte in der Folge unter der polyamoren Verwirrung leiden. Polyamory dieser Wolf im Schafspelz. Jener Zustand, der sich den Menschen als Segen zu präsentieren sucht, sich aber im Endeffekt nur all zu oft als großer Fluch erweist.

Als Alexandra an einem schönen milden Novembertag kurz vor Einbruch der Dunkelheit durch den Klosterpark schlenderte überkam sie ein Gesicht und sie zuckte zusammen.

„Amnestie? Erst jetzt wurde sie sich deren wahrer Bedeutung für ihr Leben bewusst. Alle wurden rehabilitiert, ausnahmslos. Das betraf auch Folko, der noch immer im Ausland weilte.

Der konnte nun nach Hause kommen, begleitet von Kyra.

„Kyra!“ mehrmals kam der Name über ihre Lippen und ein süßer wohltuender Schmerz bohrte sich in ihr Herz, die Erregung breitete sich in ihrem Körper aus.

Schon bald würde sie ihre Geliebte wieder sehen. Daran hatte sie in der Aufregung gar nicht gedacht. 

Endlich konnte Kyra heimkehren. Erst wenn die letzte Schwester, die noch in der Ferne weilte, nach Hause kam, war der Kreis wirklich geschlossen.

Wie sehr hatte sie sich in den zurückliegenden Jahren ihre einstige Gefährtin an ihre  Seite gewünscht. Wie schwer war es zu ertragen, auf die Liebe und die Zärtlichkeit ihrer Kyra  zu verzichten. Vor allem beim Anblick der anderen Frauenpaare bemächtigte sich ihrer ein Gefühl der Leere, der Trauer und des Verlustes.

Sie hielt Kyra die Treue. Hatte sich keine weibliche Ersatzgeliebte gesucht, obwohl ihr das aufgrund ihrer Ausstrahlung und ihrer Stellung in der Gemeinschaft kaum schwer gefallen wäre.

Wenn man von Colette absah, die in der letzte Zeit des Öfteren von ihr aufgesucht wurde, an deren Schulter sie sich ausweinen konnte und deren Liebkosung ihr soviel Trost und Zuversicht spendeten.

Schließlich hatte sie auch noch eine Familie, konnte ihre ganze Liebe auf Ronald und die Zwillinge konzentrieren. Somit war sie nie wirklich allein und musste sich vor allem nicht entscheiden. Ebenso wenig, wie das Kyra ihrerseits in der Ferne tun musste.

Wie würde sie sich verhalten, stünde Kyra nun in Bälde vor der Tür? Sich zunächst einmal vor Freude in den Himmel schwingen um der Wolke 7 nachzujagen. Aber dann? Was war mit Ronald? Sie würde ihre Liebe ab diesem Zeitpunkt auf zwei Menschen verteilen müssen. Konnte so etwas gelingen?

Zwei Menschen mit der gleichen Intensität auf einmal lieben?

Es würde kompliziert fortan. Die erzwungene Trennung von ihrer Geliebten hatte ihr die Entscheidung abgenommen.

Sie stand vor einem Rätsel. Doch kommt Zeit kommt Rat dachte sie sogleich, noch war nicht aller Tage Abend. Es würde sich schon eine Lösung finden lassen, hoffte sie zumindest.

Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben, das Problem schwebte weiterhin bedrohlich über ihrem Kopf und verdunkelte somit die Freude auf das Wiedersehen.